Ming Men & Dan Tian
Einleitung
In allen asiatischen Gesundheitslehren wird neben dem Blut- und Lymphkreislauf auch auf den Energiekreislauf geachtet. Was in unserer westlichen Medizin noch als Esoterik abgetan wird, ist dort eine Alltäglichkeit. Die Energie an sich hat genauso viele Namen wie es asiatische Sprachen gibt. Beispiele sind: Qi, Ki, Chi, Prana. Gerade die Lehren des alten China und Indiens haben sich sehr intensiv damit auseinandergesetzt. Daher macht es Sinn über den Tellerrand zu schauen und beides zu kombinieren.
Die Hauptenergiebahn
Der ganze Körper ist mit Energiebahnen durchzogen. Manche befinden sich nahe der Haut, können mit Druck, Wärme oder Nadeln stimuliert werden und haben dann eine Wirkung auf die umliegenden Gebiete. Ähnlich eines U-Bahnnetzes sind alle Energiebahnen miteinander verbunden. Es gibt aber eine Hauptstrecke, an die alle angeschlossen sind. Diese befindet sich zwischen dem Scheitelpunkt des Kopfes und in der Mitte zwischen den Beinen.
Die Chakren
Die Hauptknotenpunkte auf der zentralen großen Energiebahn nennt man in Indien Chakren. Wenn man den Körper von vorne/hinten betrachtet, liegen diese Knotenpunkte alle in einer Linie (Bild Mitte). Alle haben eine eigene Bezeichnung und eine genaue Zuordnung in vielerlei Hinsicht (z.B. die Farbe). Ich nenne hier nur diejenigen, die für das Qigong von Bedeutung sind:
Sahasrara: Das Kronenchakra
Einfluss auf den ganzen Körper, die Zirbeldrüse und das Spirituelle
Ajna: Das Stirnchakra
Einfluss auf Gesicht, Augen, Nase, Ohren, Kleinhirn
Vishuddha: Das Halschakra
Einfluss auf Schilddrüse, obere Lunge, Bronchien, Speiseröhre, Stimmbänder
Anahata: Das Herzchakra
Einfluss auf Herz, Lunge, Kreislauf, Thymusdrüse (Immunsystem)
Manipura: Das Nabelchakra
Einfluss auf Organe (Leber, Galle, Magen), vegetatives Nervensystem
Svadisthana: Das Sakralchakra
Einfluss auf alle Körpersäfte (Tränen, Urin, Blut, Lymphe...), hormonproduzierende Drüsen
Muladhara: Das Wurzelchakra
Einfluss auf den Darm und alles was fest ist (Knochen, Zähne, Nägel...)
Lassen wir durch Qigong nun Energie fließen, dann werden alle Chakren aktiviert. Es ist offensichtlich, dass dies ein Nutzen für den ganzen Körper und den Geist darstellt.
Die Dan Tien
Im Qigong sind lediglich drei Energiezentren auf der Hauptbahn und ein Nebenenergiezentrum von Belang. Sie werden alle Dan Tian (gespr. Dan Tien) genannt (Bild Rechts). Das obere Dan Tian entspricht dem Stirnchakra, das mittlere Dan Tian dem Herzchakra und das untere Dan Tian dem Sakralchakra. Warum sind nur diese Energiezentren im Qigong von Belang? Zentriert man diese drei Zentren vertikal (den Körper von der Seite betrachtet), dann sind auch alle anderen automatisch in dieser Reihe und die Energie kann fließen. Das untere Dan Tian stellt auch den physikalische Schwer- und Mittelpunkt dar und ist damit wichtig für gutes Stehen und Balance während des Qigong.
Ein Tipp an alle, die sich in Achtsamkeit üben und Meditieren in Ihren Alltag einbauen: Meditieren mit gesenktem Kopf ist aus oben genannten Gründen nicht zielführend.
Das Ming Men
Jedes Chakra hat Ein- und Austrittspforten für Energie. Sie werden wie Trichter dargestellt und ragen nach vorne und hinten aus dem Körper heraus (Bild Links). Ein sehr wichtiges davon stellt das Ming Men (gespr. Ming Men) dar. Es ist die Pforte des Sakralchakras am Rücken. Zusammen mit dem unteren Dan Tian sind dies die wichtigsten Energiepunkte im Qigong.
Das Dreamteam Ming Men & Dan Tian
Es gibt eine Region, die der Körper verwendet um reines Qi herzustellen und zu verteilen. In der asiatischen Medizin vermischt sich dort das Yin und Yang. Genauer gesagt das Feuer mit dem Wasser.
Der "Wasser"-Ort ist das Ming Men. Er wird auch gerne "Das Tor des Lebens" genannt. Er liegt in den Lendenwirbeln zwischen den Nieren. Um diesen Punkt zu stimulieren und Qi zu bilden kann man viele Übungen durchführen, die beste und einfachste ist das Zhan Zhuang, das Stehen wie ein Pfahl.
Der "Feuer"-Ort ist das untere Dan Tian. Dort wird das im Ming Men gebildete Qi gesammelt und wartet darauf in die Hauptenergiebahn zu fließen und im ganzen Körper zu zirkulieren. Durch das richtige Stehen während der Qigong-Übung ist der Weg für das Qi bereits frei. Es braucht nur noch einen Motor. Während Blut durch das Herz und Lymphe durch Muskelbewegung bewegt werden, muss das Qi durch die Atmung in Zirkulation gebracht werden. Diese besondere Atmung nennt man "Feueratmung". Indem man in den Bauch atmet, beginnt sich das Qi zu drehen. Das geschieht automatisch, man kann sich aber auch ein drehendes Feuerrad visualisieren um den Effekt zu verstärken.
Weitere wichtige Energiepunkte
Der Energiepunkt Lao Gong (gespr. Lao Gung) bedeutet "Palast der Arbeit". Es ist der Punkt auf dem der Mittelfinger aufliegt, wenn man eine Faust macht. Er befindet sich in der Handmitte, ist mit dem Kreislauf verbunden und reguliert das Feuer-Element. Im Taichi lassen wir daraus Energie fließen, um die Arme vor Verletzungen bei Angriffs- oder Verteidigungsbewegungen zu schützen. Im Qigong haben wir solche Bewegungen selten, wir profitieren aber dennoch von der Energie und den Effekten bei der Aktivierung.
Jeder aufmerksame Leser wird festgestellt haben, dass diese zwei Punkte wieder eine Symbiose miteinander eingehen. Yin und Yang, Feuer und Wasser, sind hier wieder eng miteinander verwoben.
Ein paar abschließende Worte zur Energie
Ich werde oft gefragt, wie sich diese Energie anfühlt. Ich kann nur mit einem Schulterzucken antworten, denn das ist von Person zu Person unterschiedlich. Kribbeln, Kälte, Wärme und Aufgewecktheit können vorkommen. Gerade Anfänger spüren erstmal nichts. Es wird früher oder später aber sicher eintreten.
Nach der Aktivierung, dem Training, fließt die Energie erstmal weiter. Das ist auch der große Unterschied zwischen Sport und Energiearbeit. Sport ist eine aktive Phase auf der eine Ruhephase folgen sollte. Deswegen wird Sauna, Massage oder ein warmes Bad gerne von Profisportlern angenommen. Im Qigong ist das anders. Wir sind in Ruhe und haben die Energie während des Trainings aktiviert. Sie wird ca. weitere zwei Stunden fließen. Es macht also Sinn, dass man diese danach nutzt. Sportvereine, die ein Qigong Training nach 18 Uhr anbieten, haben das Prinzip nicht verstanden und werden eher die Nachteulen unter uns im Training finden.